In der Heimat des tapferen Schneiderleins
29 02 201221. Februar – 29. Februar 2012
Route: Mui Né – Dà Lat – Hoi An – Hué
Für einmal sitze ich mit langen Hosen und Pulli vor dem Computer, um diesen Bericht zu verfassen. Ein komisches Gefühl nach so langer Zeit nur in Shorts und Flip Flops wieder lange Sachen zu tragen. Wir sind in Hué und der bekannte Wolkenpass liegt hinter uns. Das heisst, dass es ab hier nur noch kälter wird. Aber erst mal der Reihe nach, da wir ja von Mui Né nicht direkt nach Hué gereist sind.
Auf einer Höhe von 1475 MüM sind die Tage angenehm und die Nächte frostig. Das etwas mildere Klima nutzen die Einwohner Dà Lat‘s zum Anbau von allem möglichen Grünzeug, also Gemüse in allen Variationen, Obst, Beeren und jede Menge Blumen sowie Kaffee (Vietnam ist nach Brasilien der zweitgrösste Kaffeeproduzent weltweit) aber das gilt ja nicht als Grünzeug. Sonst gibt es in dieser Gegend auch noch weitere Attraktionen zu besichtigen und am besten macht man das per Motorrad oder in unserem Fall per Scooter. Bidu freut dies immer besonders, da ich ihm das Fahren immer überlasse, was wohl auch besser ist ;-). Wie gesagt es gab viel zu sehen und zu probieren und fast auf alles, erhielten wir vom einheimischen Guide Sun eine Erklärung. Bevor wir eine Seidenfabrik besuchten, gab’s zur Stärkung frittierte Grillen, welche übrigens gar nicht so schlecht schmecken! Auf dem lokalen Markt gab’s wieder viel zu bestaunen und ab und zu roch es sehr streng vor allem in der Fleischabteilung. Eine Seidenfabrik hatten wir bis jetzt noch nicht besichtigt und waren gespannt auf den ganzen Ablauf. Es ist eine komplexe Sache aber sehr interessant den flinken Fingern der Arbeiterinnen zu zu schauen. Von der Seidenfabrik fuhren wir weiter zum Elefantenwasserfall und dann gab’s bereits das Mittagessen. Dort erfuhren wir viel über die Vietnamesen und ihre Sitten und Gebräuche. Dass sie Hunde essen ist ja kein Geheimnis aber wir schauten Sun schon ein wenig komisch an, als sie erzählte, dass wenn eine Familie zum Beispiel 3 Töchter hat und sehr arm ist, könne sie sich nicht 3 Ehemänner leisten, sondern nur einen für die älteste Tochter. Hier werden die Ehemänner von den Familien noch gekauft und zwar wird nicht mit Geld bezahlt, sondern mit Büffeln, Schmuck und Webereien. Damit die anderen 2 Töchter dann nicht zu kurz kommen, werde der Ehemann halt geteilt auch während den Nächten, meinte Sun ganz ernst. Die Schlussbemerkung war dann noch; und Neid oder Eifersucht kenne man hier nicht! Andere Länder andere Sitten!
Trotzdem sind wir der Meinung, dass wir an diesem einen Tag alles von Dà Lat gesehen und probiert haben inkl. Artischockentee und so ging es am nächsten Morgen weiter nach Nha Trang. Nha Trang ist ähnlich wie Mui Né, nur ein bisschen grösser, und so beschlossen wir das Strandleben sausen zu lassen (diese holen wir ja dann in Thailand nach) und direkt mit dem Nachtbus weiter nach Hoi An zu reisen. Hier eine kurze Tageszusammenfassung des 23. Februars 2012: 07.30 Uhr Abfahrt in Dà Lat, 12.30 Uhr Ankunft in Nha Trang, Zeit um etwas essen zu gehen, kurze Strandbesichtigung, Tagebuch schreiben und zurück zum Abfahrtsort des Busses. 19.00 Uhr Abfahrt des Nachtbusses in Nha Trang, 06.30 Uhr am 24. Februar 2012 Ankunft in Hoi An. Die Nacht im rüttelnden Bus war wieder einmal nicht so erholsam aber als dann in der 2. Nachthälfte die Strasse etwas besser wurde, fanden auch wir einige Stunden Schlaf. Die Nachtbusse hier in Asien sind wirklich nicht das höchste der Reisegefühle!
In Hoi An erwartete uns wieder eine ganz andere Welt! Eine weitaus touristischere Welt, keine Frage, aber auch (oder deswegen) eine viel schönere. Hoi Ans Altstadt ist UNESCO Weltkulturerbe und in den schmalen Gassen werden die alten hell gelben Kolonialvillen mit dunklen Holztüren und üppigen Pflanzen, von Lampen und bunten Lampions in Szene gesetzt. Abends schwimmen auf dem Thu-Bon-Fluss Kerzenlichter in allen Farben und die ganze Altstadt ist wunderschön beleuchtet. Die Strassen bestehen aus Souvenirläden, französischen Cafés, Restaurants und natürlich Schneiderläden. Hoi An ist der beste Ort in ganz Vietnam, um erschwingliche, massgeschneiderte Kleidung zu kaufen. Es gibt viele tapfere Schneiderleins die hier den ganzen Tag vermessen, beraten, designen und wohl während der Nacht all die Sachen zusammennähen, damit man am nächsten Tag die massgeschneiderten Kleider anprobieren kann. Hier hat man die Qual der Wahl. Ungefähr 500 Schneider gibt es hier, die einem alles anfertigen, was man möchte. Die schwierigste Aufgabe war es dann einen guten Schneider zu finden. Wir vertrauten auf eine Empfehlung von anderen Reisenden und wir wurden nicht enttäuscht. Mit Hilfe des Computers konnten wir uns zuerst die Sachen aussuchen, die wir uns anfertigen lassen wollten. Danach hiess es Stoff auswählen und es hatte nicht nur eine Stoffsorte, sondern zig verschiedene in allen möglichen Farben, Qualitäten und Preisklassen. Bevor etwas angefertigt werden kann, müssen auch noch Masse her. So wurden wir beide vom Hals bis zu den Füssen vermessen und dann war die Arbeit von unserer Seite her erledigt. Nun lag es in anderen Händen wie die Kleider aussehen werden. Nach über 2 Stunden verliessen wir das Geschäft mit einem etwas mulmigen Gefühl, da es nichts schwierigeres gibt, als ab einem Bild zu entscheiden was man will ohne zu wissen ob es dann auch zu einem passt oder nicht. Aber eben, das kommt schon gut, dachten wir uns. Ganz fertig waren wir dann doch noch nicht und legten einen weiteren Stopp beim Schuhmacher ein. Zu einem Anzug sowie einem Kleid gehören auch die passenden Schuhe. Dieser Besuch dauerte nicht lange, da wir wussten was für Schuhe wir wollten. Rasch das gewünschte Leder aussuchen, Füsse auf ein Blattpapier legen, mit einem Kugelschreiber die Form nachziehen und mit einem Messband noch die Fuss-Höhe & Umfang messen und fertig waren die Vorabklärungen. So geht das wohl nur hier zu und her :-). Ganz geschafft vom vielen Geld ausgeben, trafen wir unsere englischen Reisepartner Pip und Tom wieder, die per Zufall auch noch in der Stadt waren.
Am nächsten Tag gingen wir gespannt zur Anprobe der Kleider. Das Resultat durfte sich sehen lassen und beide waren wir begeistert vom Resultat sowie der geleisteten Arbeit innerhalb der letzten 22 Stunden. Unglaublich was die hier in so kurzer Zeit erarbeiten. Es wurden einige Änderungen vorgenommen und einen neuen Termin für eine weitere Anprobe vereinbart. Dann rasch beim Schuhmacher vorbei und dort warteten bereits die fertigen und perfekt passenden Schuhe auf uns.
Hoi An hat nebst all diesen schönen Sachen auch noch kilometerlange Strände zu bieten. Da das Wetter während den 4 Tagen nicht so überzeugend war, pendelten wir nicht so oft wie angenommen mit unseren Fahrrädern zwischen den Reisfeldern, die von der Stadt zum Strand führen hindurch. Die Wassertemperatur ist zwar für den vietnamesischen Winter recht angenehm aber doch recht frisch für unseren Geschmack. In der Zeit die wir nicht beim Schneider oder Schuhmacher verbrachten, genossen wir die schöne Altstadt oder fuhren einfach ein wenig mit dem Fahrrad herum. An unserem 3. Tag konnten wir die fertigen Kleider abholen gehen und das Resultat kann sich sehen lassen! Etwas schweren Herzens verliessen wir diese tolle Stadt mit ihrem grossartigen Ambiente wieder, um weiter nördlich in die ehemalige Kaiserstadt Hué zu reisen.
Da wir erst am Nachmittag in Hué ankamen, liefen wir ein wenig in der Stadt herum und sparten uns den Besuch der Zitadelle für den nächsten Tag auf. Die Festungsanlage, in der sich die ehemalige Kaiserstadt befand, erstreckt sich am nördlichen Ufer des Song Huong Flusses. Der Bau der ehemaligen verbotenen Stadt ist umgeben von einer 2,5 km langen Stadtmauer und einem Stadtgraben. Der Bau des Gebäudes begann im Jahre 1804 unter Kaiser Gia Long.
Der letzte Monat unserer Reise ist nun angebrochen und heute Abend geht es mit dem Nachtbus in die Hauptstadt nach Hanoi. Dort haben wir unter anderem vor, mit Pip und Tom eine 3 tägige Bootstour in die Halong Bucht zu unternehmen.
Wir senden euch liebe Grüsse und hasta pronto
Eliane, Beat und Grumo
Kategorien : Vietnam